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Gute Mundhygiene bei Patienten auf der Intensivstation senkt Risiko für Pneumonien

Im Mund befinden sich über tausend verschiedene Keime. Diese haben bei gesunden Menschen mit einer guten Mundhygiene keinen schädlichen Einfluss auf dessen Allgemeingesundheit. Im Rachenraum sorgen zusätzlich bestimmte Immunbarrieren dafür, dass Keime aus der Mundhöhle nicht in den übrigen Körper gelangen. Bei Krankenhauspatienten und insbesondere bei künstlich beatmeten Patienten auf Intensivstationen gelangen Bakterien aus der Mundhöhle an diesen natürlichen Barrieren vorbei in die Lunge und können zu lebensbedrohlichen Entzündungen der Lunge (Pneumonien) führen.
Eine hohe bakterielle Belastung der Mundhöhle, bedingt durch kariöse Zähne oder Zahnfleischtaschen, stellt daher ein großes Gesundheitsrisiko für diese Patienten dar. Um das Infektionsrisiko zu senken, werden daher bei Intensivpatienten desinfizierende Mundspüllösungen (orale Antiseptika) verordnet. Verschiedene Studien, deren Untersuchungsgegenstand die Wirksamkeit dieser oralen Antiseptika war, führten bislang aber zu widersprüchlichen Ergebnissen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit. Eine Erklärung dafür könnte darin liegen, dass die oralen Antiseptika nur bei Intensivpatienten ohne parodontale Erkrankungen ihre Wirksamkeit entfalten können. Um diese Hypothese zu bestätigen, führte die Studiengruppe um Dr. Fernando Bellissimo-Rodriguez der Ribeirao der Preto Medical School der Universität Sao Paulo eine Feldstudie an 254 Intensivpatienten durch. Die Probanden wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe erhielt das Standardhygieneprogramm, bestehend aus der dreimaligen Anwendung einer antibakteriellen Mundspülung mit Chlorhexidin und der mechanischen Reinigung des Mundinnenraums mit Mullbindenaufsätzen. Probanden der anderen Gruppe erhielten durch Fachpersonal an vier bis fünf Tagen in der Woche intensive Zahnpflegemaßnahmen. Diese beinhalteten Zähneputzen, die Entfernung von Zahnstein und eine Zungenreinigung. Zusätzlich wurden bei diesen Patienten kariöse Zähne behandelt. Die intensiven Mundhygienemaßnahmen zeigten ihre Wirkung. Während der Beobachtungsdauer erkrankte fast ein Fünftel der Patienten mit dem reinen Standardhygieneprogramm an einer Infektion der unteren Atemwege. Dem gegenüber erlitten weniger als 10% der Patienten aus der Gruppe mit der Intensivprophylaxe eine Infektion. Allerdings bleibt ein Wermutstropfen.
Die erweiterten Prophylaxemaßnahmen hatten keinerlei Einfluss auf das Sterberisiko der Intensivpatienten, denn die Sterberaten waren in beiden Gruppen gleich hoch. Das bedeutet, dass durch die Reduktion der Keimbesiedelung der Mundhöhle zwar ein positiver Effekt auf Begleiterkrankungen der unteren Atemwege erzielt werden kann. Dieser jedoch nicht in der Lage, die Lebenserwartung der Intensivpatienten signifikant zu verbessern.

Quelle:
Bellissimo-Rodrigues WT1, Menegueti MG, Gaspar GG, Nicolini EA, Auxiliadora-Martins M, Basile-Filho A, Martinez R, Bellissimo-Rodrigues F: Effectiveness of a dental care intervention in the prevention of lower respiratory tract nosocomial infections among intensive care patients: a randomized clinical trial.
Infect Control Hosp Epidemiol. 2014 Nov;35(11):1342-8. doi: 10.1086/678427. Epub 2014 Oct 2.