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BGH-Urteil: Arztbewertungsportal jameda muss Arztprofil löschen

Gestern hat der Bundesgerichtshof (BGH) sein Urteil darüber verkündet, ob man als Arzt ein Recht darauf hat, ein gegen seinen Willen angelegtes jameda-Profil löschen zu lassen, oder ob das gegen die Meinungs- und Medienfreiheit verstoße. Jüngst hatte eine Ärztin geklagt, die sich durch den Eintrag in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt, und zudem ungerecht behandelt fühlte. Vorinstanzen wiesen die Klage zuvor ab.

Meinungsänderung des BGH

Ein Arzt wurde vom BGH mit der selben Klage bereits 2014 abgewiesen. Damals räumte das Gericht in seinem Urteil jameda das Recht ein, Einträge von Ärzten auch gegen ihren Willen auf dem Bewertungsportal listen zu dürfen, da ein allgemeiner Informationsbedarf besteht. Als die Kölner Ärztin dennoch gegen jameda vor Gericht zog und forderte, das gegen ihre Zustimmung angelegte Profil löschen zu lassen, bekam sie nun vom BGH Recht. Was hatte sich geändert?

Jameda vermittelt zahlende Ärzte bevorzugt: keine neutrale Information

Ruft man als Patient auf der jameda Webseite das Profil eines Arztes auf, der nicht für seinen Eintrag bezahlt, ist nicht nur die Informationsdichte über die Praxis gering. Es werden einem eine Vielzahl vergleichbarer Ärzte, nämlich zahlende jameda-Kunden, im örtlichen Umfeld vorgeschlagen. Diese haben in der Regel bessere Bewertungen, mehr Informationen über sich selbst angegeben, ein strahlendes Foto und die Entfernung zum Patienten wird in Kilometerangabe angezeigt. Man wird abgeworben. Besucht man eins der bezahlten Profile, werden einem keine anderen Ärzte vorgeschlagen. Auch die gewünschte Löschung von Negativbewertungen erfolgt bei jameda-Kunden schneller, was den Eindruck erweckt, dass es sich hierbei um beliebtere und bessere Ärzte- oder anders herum- bei Nicht-Kunden um schlechtere Ärzte handeln muss. Dieses zwei Klassen System bringt Ärzte in die Verlegenheit eine Mitgliedschaft zu erkaufen.
Die Neutralität hat jameda mit diesem Geschäftsmodell verlassen.

Bewertungsportale müssen neutral informieren

Aufgrund der Tatsache, dass jameda mit seinem Geschäftskonzept die Position des neutralen Informationsvermittlers aufgegeben hat, kann das Recht der Meinungs- und Medienfreiheit nicht schwerer wiegen, als das Recht der Klägerin auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten, so der BGH. Das war der ausschlaggebende Punkt für den abweichenden Rechtsspruch im Vergleich zur Klage 2014.

Mehr Rechte für die (Zahn)Ärzteschaft: wieder ein fairer Wettbewerb?

Ein begrüßenswertes Urteil für die (Zahn)Ärzteschaft. Möglich, dass der Klage Weitere folgen. Viele Ärzte stehen der Bewertungsplattform jameda misstrauisch gegenüber. Bereits im Mai 2017 wurde durch das Landgericht München erstmals das Recht der Ärzte gestärkt. Bewertungsportale wie jameda und Co. sind durch den Rechtsspruch bei der Veröffentlichung von Negativbewertungen seit dem in der Beweispflicht und müssen schlechte Bewertungen ggf. von ihrer Website löschen (Az.: 25 O 1870/15). Durch das gestrige Urteil wurde abermals das Recht der Ärzte gestärkt. Jameda kündigte bereits eine sofortige Änderung des Geschäftsmodells an. Ob daraus eine Wiederherstellung des fairen Wettbewerbs zwischen Ärzten resultiert, bleibt abzuwarten.

Quelle: Urteil vom 20. Februar 2018 – VI ZR 30/17, Nr. 34/2018